Newsletter Mai 2021

Sehr geehrte Unterstützer*innen des PSZ, liebe Freund*innen,

heute möchten wir Ihnen eine Nachricht unserer Kollegin Dr. Diana Ramos-Dehn übermitteln, das Ergebnis unseres Vernetzungstreffens über die Arbeit für und mit queeren Geflüchteten präsentieren und wie immer einen Überblick über unsere Veranstaltungen in den nächsten Monaten Mai und Juni geben.

Personalwechsel im PSZ – eine Nachricht von Dr. Diana Ramos Dehn
Vor über 9 Jahren habe ich meine Tätigkeit beim Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf e.V. begonnen. Meine Hauptaufgabe liegt im Bereich Clearing, Psychotherapie für Kinder und Jugendliche, Familientherapie, Durchführung von nonverbalen und kultursensiblen kognitiven Testungen und der Abfassung von Stellungnahmen (z.B. für das BAMF, Ausländerbehörden, Schulen, Jugendämter, Sozialämter, Jobcenter sowie Krankenversicherungsträger). Zusätzlich habe ich Flüchtlingsfamilien beim BAMF oder in Gerichtsanhörungen, in Gesprächen beim Jugendamt, in der Schule oder der Ausländerbehörde begleitet. Außerdem habe ich Fortbildungen für interessierte Multiplikator*innen gegeben und in Netzwerken für geflüchtete Kinder und Jugendliche mitgewirkt. Die Arbeit im PSZ war nie langweilig und stets anspruchsvoll, sehr erfüllend und menschennah. Es war eine lange, erfüllende Arbeitsreise, die sich nun leider ihrem Ende zuneigt. Langsam nehme ich Abschied von Flüchtlingskindern, -jugendlichen und –familien, mit denen ich für mehrere Monate oder auch Jahre gearbeitet habe. Mancher Abschied ist etwas schwer und bedrückend, aber viele junge Menschen sind trotzdem zuversichtlich, dass meine Nachfolgerinnen ihre Arbeit genauso gut machen werden. Ich werde auf jeden Fall weiterhin mit der Arbeit mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und Familien in irgendeiner Form verbunden bleiben.

Als Nachfolgerinnen kommen zwei psychologische Psychotherapeutinnen, die sich meine Stelle teilen: Frau Anna Lena Hötzel aus Düsseldorf, approbierte KiJu-Therapeutin und Kunsttherapeutin, erfahren in der Arbeit mit Geflüchteten und im Einsatz von Sprachmittler*innen und Frau Shady Dunja Tonn aus Köln, Psychologin (M.Sc.) und angehende Psychotherapeutin in systemischer Ausbildung, die viel Erfahrung mit der KiJu-Diagnostik und pädagogischen Angeboten für Geflüchtete mitbringt. Ich bin mir sicher, dass sie die wichtige Arbeit des PSZ mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen sehr gut weiterführen werden. Wir beginnen die Fortsetzung der Arbeit mit einem gemeinsamen Monat, in dem die beiden eine Einarbeitung erhalten und ich ihnen die laufenden Fälle übergebe.

Ich habe in den Jahren beim PSZ viel gelernt, bewegen und bewirken können; das werde ich immer bei mir tragen. Ich danke meinen Kolleg*innen, den Sprach- und Kulturmittler*innen, dem PSZ für die sehr erfolgreiche, erfüllende und bereichernde Zusammenarbeit!

Mehr Vernetzung für mehr Queerness
Laut UNHCR werden in mehr als 70 Ländern gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert, in einigen steht sogar die Todesstrafe darauf. Andere haben Gesetze verabschiedet, die LGBTI*-Personen diskriminieren oder die die Behörden zur Verfolgung von queeren Personen einsetzen. Es gibt auch gut dokumentierte Fälle von Regierungen, die nicht willens oder nicht in der Lage sind, queere Menschen vor gezielter Gewalt zu schützen. Menschen, die vor solchen Bedingungen fliehen, müssen geschützt werden.

Seit geraumer Zeit nimmt die Wahrnehmung dieser nicht heteronormativ-lebenden Menschen im öffentlichem Diskurs spürbar zu. Diese wachsende Aufmerksamkeit, oft im Zusammenhang mit der Suche nach einer differenzierteren Erwähnung, führt zu Unsicherheiten im Umgang mit betroffenen Menschen, die auf der Suche nach Hilfsangebote nicht selten mit Vorurteilen, Berührungsängsten und Ablehnungen konfrontiert werden. Diese Diskussion und unsere Erfahrungen im PSZ-Kontext machen vor allem eines deutlich: In der professionellen psychosozialen Arbeit mit queeren geflüchteten Menschen fehlt es an sensiblen, spezialisierten Angebote für diese Zielgruppe. Zum einen gehört sie laut den, in der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU festgelegten, Rechten zwar zu vulnerablen Personen, ihre diesbezüglichen Bedarfe werden aber in der Praxis auf struktureller Ebene selten gerecht. Zum anderen fehlt es an inhaltlichem Wissen über ihre Lebensrealität und Alltagsbelastungen.

Vor diesem Hintergrund organisierte das PSZ im vergangenen Monat ein erstes digitales Vernetzungstreffen zwischen Psychosozialen Zentren in NRW und Beratungsstellen bzw. Fachstellen zur Unterstützung queerer Menschen. Primärer Zweck war es, die vorhandenen Strukturen zur Unterstützung der Bedarfe von LGBTQI*-Geflüchteten zusammenzubringen und deren Kooperationsebenen mit anderen interessierten Stellen zu optimieren. Dieser Austausch sollte eine erste Annährung der unterschiedlichen, bereits existierenden Arbeitsbereiche und die Verortung von derzeit drängenden Fragen dienen.

Insgesamt wurde ein akuter Verbesserungs- und Unterstützungsbedarf festgestellt, zeitgleich wurde sichtbar, dass ein sehr großes Potential, Wissen und Interesse besteht.

Aus Sicht der anwesenden Expert*innen wurde die Versorgungslage der Zielgruppe im Rahmen des Asylverfahrens als defizitär bezeichnet. Vor allem die Frage einer gerechten und geschützten Unterbringung, sowohl auf Landes- als auch kommunaler Ebene, wie auch der Durchführung von Asylanhörungen von queeren Menschen wurde sehr kritisch angesprochen.

Ein weiteres zentrales Anliegen war die Förderung der Sensibilisierungsarbeit im gesamten Helfersystem und in diesem Rahmen wurde auf der persönlichen, auf der team- bzw. trägerbezogenen Ebene, aber auch im Bereich der Sprachmittlung appelliert. Ein sensibles Angebot darf sich nicht erlauben, mit „ungewollten“ und „nicht gemeinten“ queer-feindlichen Handlungen die ohnehin existentiellen Unsicherheiten der Zielgruppe zu verfestigen.

Letztlich wurde ein besonderes Augenmerk auf die desolaten gesundheitlichen Versorgungsangebote geworfen, wobei auf einen akuten Bedarf von sensiblen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere im psychiatrischen und psychotherapeutischen Bereich, hingewiesen wurde.

Aus der lebhaften Diskussion kristallisierten konkrete Wünsch und Vorhaben, mit der die Forstsetzung und Erweiterung der Zusammenarbeit gewährleistet sein dürfte.


Informationen zu unseren Veranstaltungen und Fortbildungen im Mai und Juni:
Aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation finden weiterhin alle Veranstaltungen digital statt.

Am Montag, den 17.05.2021 von 14:00-17:30 Uhr mit Sara Schajan: „Methoden und Materialien in der Arbeit als Familienhilfe”. Fortbildung für Fachkräfte in HIER (Hilfen zur interkulturellen Erziehung).

Am Dienstag, den 01.06.2021 von 14:00-18:00 Uhr mit Dr. Dima Zito: „Selbstfürsorge und Schutz vor eigenen Belastungen in der Flüchtlingsarbeit“. Fortbildung für Fachkräfte in der Flüchtlingsarbeit.

Am Mittwoch, den 09.06.2021 von 09:30-13:30 Uhr mit Dr. Diana Ramos Dehn und Miguel Temprano: „Trauma ist (nicht) gleich Trauma? – Entwicklungschancen junger Flüchtlinge stärken“. Fortbildung für Fachkräfte in der Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen.

Am Mittwoch, den 09.06.2021 von 15:00-18:00 Uhr mit Eva van Keuk und Michael Hoshino: „Psychotherapeutische Interventionen und Stabilisierung bei unsicherem Aufenthalt”. Fortbildung für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen.

Am Dienstag, den 15.06.2021 von 14:30-17:00 Uhr mit Leila Corzo Menéndez: „Basiswissen zu psychischen Traumata“. Fortbildung für Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit.

Achtung, verschoben! Am Mittwoch, den 30.06.2021 von 09:00-14:30 Uhr mit Sabine Rauch: „Umgang mit Erfahrungen von Diskriminierung durch Auftraggeber oder an Einsatzorten”. Fortbildung für Sprachmittler*innen in der Beratung und Therapie von Geflüchteten.

Die Teilnahme ist kostenlos. Bitte melden Sie sich verbindlich an, damit wir planen können. Die Anmeldung koordiniert in diesem Jahr unsere Kollegin Martina Höttges über die Mailadresse fortbildung [at] psz-duesseldorf [dot] de.

Über die Veranstaltungen im Juli werden wir Sie in diesem Mailing Mitte Juni informieren.

Den Veranstaltungskalender für das Jahr 2021 finden Sie auch online auf unserer Webseite. Schauen Sie doch gerne mal vorbei.

Herzliche Grüße aus dem PSZ Düsseldorf