Newsletter Weihnachten 2022

Sehr geehrte Unterstützer*innen des PSZ, liebe Freund*innen,

kurz vor Jahresende möchten wir Sie und Euch noch einmal über aktuelle Themen im PSZ informieren: Wir stellen Ihnen und Euch unsere neue Mitarbeiterin, Serra Aydin-Tetzlaff aus dem psychologischen Team vor. Miguel Temprano berichtet über einen Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht. Außerdem informieren wir Sie und Euch über unsere neuen Fortbildungsangebote im Jahr 2023.

Vorstellung unser neuen Kollegin: Serra Aydin-Tetzlaff
Team: Klient*innen Team/Psychologisches Team
Stundenumfang: 39 Stunden

Motivation für die Arbeit im PSZ: Die Begegnung mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen hat mich schon immer fasziniert, sowohl in meinem persönlichen als auch in meinem beruflichen Leben.
Bei der Arbeit mit Flüchtlingen und Flüchtlingsfamilien glaube ich, dass mich am meisten das Gefühl anzieht und berührt, in einem Land, das für sie neu und unbekannt ist und oft mit einem Gefühl der Einsamkeit verbunden ist, einen einladenden und warmen Raum für Gespräche bieten zu können. Meiner Meinung nach besteht ihr größtes Bedürfnis darin, sich wieder als Mensch, sicher und angehört zu fühlen, insbesondere nach den traumatischen Ereignissen, die sie in ihrem Heimatland erlebt haben. Ich glaube, dass es die Aufgabe eines jeden Menschen, der in diesem neuen, unbekannten Land lebt, ist, zu ihrer Heilung und Integration beizutragen.
Dieser Glaube hat mich dazu gebracht, fünf Jahre lang mit Flüchtlingsfamilien in einem Zentrum für Unterkunft und soziale Wiedereingliederung in Paris und später im PSZ zu arbeiten.
Vor meiner Arbeit im PSZ, während meines persönlichen und beruflichen Werdegangs, besuchte ich eine amerikanische Schule (von meinem 8. bis 13. Lebensjahr) und ein französisches Gymnasium in der Türkei und studierte anschließend Klinische Psychologie, Psychopathologie und Psychoanalytische Studien in Paris (Frankreich). Während meines Masterstudiums absolvierte ich ein akademisches Austauschjahr in den USA und bildete mich in verschiedenen psychotherapeutischen Ansätzen weiter. Nach meiner Rückkehr nach Frankreich schloss ich meinen Master ab und bildete mich zwei Jahre lang in systemischer Familientherapie weiter. Seit September 2022 arbeite ich am PSZ als Psychologin und Psychotherapeutin mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Familien. Ich spreche fließend Türkisch (meine Muttersprache), Französisch, Englisch und Deutsch und biete Psychotherapiesitzungen in diesen Sprachen sowie mit Sprachmittler*innen an. Ich freue mich, Teil dieses Teams zu sein!

Erster Eindruck: Ich finde, dass alle meine Kolleg*innen im PSZ sehr engagiert sind und viel investieren, wenn es darum geht, unsere Klient*innen willkommen zu heißen und ihnen zu helfen. Ich bin begeistert!

Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied Ende Oktober (Beschl. v. 19.10.2022, Az. 1 BvL 3/21), dass alleinstehende Asylbewerber*innen in Sammelunterkünften nicht länger zehn Prozent weniger Geld als andere Leistungsberechtigte erhalten dürfen. Die bisherige Regelung ist verfassungswidrig und verstößt gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Diesem Beschluss lag die Geschichte eines Mannes aus Sri Lanka zugrunde, der seit vier Jahren vom PSZ Düsseldorf sozial- und aufenthaltsrechtlich beraten und psychotherapeutisch behandelt wird.

Als Herr G. damals mit Hilfe anderer tamilischer Landsleute den Weg zum PSZ fand, waren bereits aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn eingeleitet worden und die zuständige Ausländerbehörde hatte beschlossen, seine Abschiebung durchzuführen. Herr G. wurde in seinem Heimatland ethnisch und politisch verfolgt und gefoltert. Es drohten im Fall seiner geplanten Abschiebung erneut gravierendste Menschenrechtsverletzungen direkt nach der Ankunft in seiner Heimat. Diese reale Angst, die uns im PSZ sehr häufig begegnet, brachte ihn zu einem Suizidversuch, woraufhin er nur mittels zahlreicher akuter Maßnahmen stabilisiert werden konnte: Unzählige Telefonate, ausführliche und fachlich fundierte Stellungnahmen und die Koordination und Vernetzung aller im Fall involvierten Akteur*innen (Personal in seiner damaligen Unterkunft, Rechtsanwält*innen, Familienangehörigen, Kolleg*innen im klinischen Bereich usw.).
Während der langen stationären Behandlung konnten seitens des PSZs weitere aufenthalts- und sozialrechtliche Widrigkeiten erkannt und geklärt werden. Dies führte zur Sicherung seines Aufenthaltes in Deutschland.
Gleichzeitig lehnte das zuständige Sozialamt die ihm zustehenden Kosten seiner dringend notwendigen Psychotherapie und die damit verbundenen Sprachmittlungskosten ab und genehmigte Herrn G. nur die umstrittenen Leistungen nach § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG. Die Behörden reduzierten seinen Bedarf als Alleinstehender in einer Sammelunterkunft um zehn Prozent und glichen die Leistungen somit denen für Paare und Bedarfsgemeinschaften an. Die Gesetzesbegründung fußte dabei auf der Annahme, dass alle alleinstehende Personen in Mehrbettzimmern ja auch gemeinsam einkaufen könnten. Konkret: Herr G. erhielt nur noch 330 € pro Monat, weil er in einer Sammelunterkunft lebte, in der er gesetzlich verpflichtet war, zu wohnen.

In engster Kooperation zwischen dem PSZ und der Anwältin und sozialrechtlichen Expertin Eva Steffen konnte der Fall vor das Sozialgericht Düsseldorf gebracht werden. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hatte zudem zu dieser Konstellation Vorlagen vorbereitet, mit der Richter*innen an Sozialgerichten die gesetzliche Regelung dem BVerfG im Wege des konkreten Normenkontrollverfahrens vorlegen und auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz prüfen zu lassen. Die zuständige Richterin vom Sozialgericht Düsseldorf machte im April 2021 davon Gebrauch, gab Herrn G. Recht und schuf somit einen Präzedenzfall.

In den vier Jahren bis zum diesem Erfolg musste Herr G. vom PSZ multiprofessionell stabilisiert, begleitet, behandelt und aufgeklärt werden. Der Weg dahin war für ihn nicht einfach und hat ihn sehr viel Energie gekostet. Dass sein Fall am Ende beim höchsten deutschen Gericht Beachtung gefunden hat, ist ein Erfolg eines Menschen, der die Kraft aufgebracht hat, auch hier in Deutschland für die Einhaltung seiner Grundrechte und die zahlloser anderer Geflüchteter in Sammelunterkünften, zu kämpfen. Es ist auch ein Erfolg der multiprofessionellen Basisarbeit des PSZ Düsseldorf und vieler anderer Akteur*innen, die viel zu häufig unsichtbar bleibt.

Fortbildungen im Januar und Februar 2023

Für alle Veranstaltungen sind verbindliche Anmeldungen unter
fortbildung [at] psz-duesseldorf [dot] de erforderlich. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Die Veranstaltungen finden via Zoom oder live im PSZ Düsseldorf statt. Sollte sich aufgrund der Pandemieentwicklung etwas ändern bezüglich der Art der Durchführung informieren wir Sie rechtzeitig vor der Veranstaltung.

Am Mittwoch, den 11.01.2023 von 15:00 – 17:00 Uhr mit Eva van Keuk und Michael Hoshino:
Offenes Supervisionsangebot für Psychotherapeut*innen
Es können maximal acht Personen teilnehmen.
Die Supervision findet im PSZ statt.
Eine Akkreditierung für approbierte Teilnehmende wird beantragt (PTK NRW/ÄKNO).

Am Donnerstag, den 12.01.2023 von 9:30 – 12:00 Uhr mit Sabine Rauch:
Schnittstelle KiTa/Schule und Familiensystem – Rollenklarheit und Verantwortungen
Angebot für Fachkräfte in HIER.
Die Fortbildung findet im PSZ Düsseldorf statt.

Am Donnerstag, den 19.01.2023 von 18:30 – 20:00 Uhr mit Ana Berking und Subanki Raveendranathan:
Sprachmittler*innenabende
Ein neues Angebot, bei dem sich Sprachmittler*innen untereinander in lockerer Atmosphäre über inhaltlich relevante Themen austauschen können.
Die Veranstaltung findet im PSZ Düsseldorf statt.

Am Donnerstag, den 02.02.2023 von 15:00 – 17:00 Uhr mit Dr. Heba Khattab:
Innerfamiliäre Gewalt
Die Veranstaltung findet auf Arabisch statt und richtet sich an arabischsprachige Jugendliche und Erwachsene, an Geflüchtete und Fachkräfte.
Die Veranstaltung findet im Haus der Kirche in Düsseldorf, Bastionstraße 6, 40213 in Düsseldorf statt.

Am Dienstag, den 07.02.2023 von 14:00 – 17:00 Uhr mit Leila Corzo-Menendez:
„Trauma-Basis-Schulung“ -Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen
Angebot für Haupt- und Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit.
Die Fortbildung findet im PSZ Düsseldorf statt.

Am Donnerstag, den 09.02.2023 von 9:30 – 14:00 Uhr mit Helene Batemona (Trauma Consultant/Diversity Trainer, COAFRI Consulting & Trainings):
Empowerment – und Awareness-Workshop
Angebot für Fachkräfte in HIER.
Die Fortbildung findet im PSZ Düsseldorf statt.

Am Mittwoch, den 15.02.2023 von 10:00 – 13:00 Uhr mit Sabine Rauch:
Grundlagenschulung Sprachmittlung
Angebot für Sprachmittler*innen in der Beratung und Therapie von Geflüchteten.
Die Fortbildung findet im PSZ Düsseldorf statt.

Den vollständigen Fortbildungskalender für das erste Halbjahr 2023 finden Sie hier.

Wir wünschen Ihnen schöne Feiertage und einen guten Übergang in das Jahr 2023. Wir freuen uns auf das neue Jahr 2023 mit Ihnen!

Herzliche Grüße aus dem PSZ Düsseldorf.